Der erste Weltkrieg zwang dann für lange Zeit zur Unterbrechung der Vereinstätigkeit.
Doch durch große Anstrengungen aller Sänger konnte man anschließend an die früheren erfolgreichen Jahre anknüpfen und weiter schöne Erfolge bei Preissingen erzielen.
Im Jahr 1922 war durch den losen Zusammenschluss mehrerer Gesangvereine des Leintals und Umgebung die Leintal-Sängergruppe entstanden, die alljährlich Sängertage abhielt. Und so konnte unser Verein im Jahr 1923 sein erstes Sängerfest durchführen: Der 2. Leintal-Sängertag fand am Pfingstmontag, dem 21. Mai 1923, im Schloss-Saal in Massenbach statt.
Schon damals trugen diese Sängertage die gleichen Merkmale wie die heutigen Leintal-Sängertreffen: Konzertsingen der Mitgliedsvereine, Gemeinschaftschöre und Freundschaftssingen. Und damals gehörte auch ein Festzug dazu.
Es wurde ein erfolgreicher Tag für die hiesigen Sänger, vermerkt das Protokollbuch, nur “ließ die Inflationszeit keine rechte Stimmung aufkommen”.
Und dass das Inflationsgespenst auch vor den Vereinsfinanzen nicht halt machte, zeigt ein Blick in das Kassenbuch: So schloss das Jahr 1923 mit der unvorstellbar hohen Summe von 1.000.025.030.730,30 Mark und beginnt im Jahr 1924 mit dem Eintrag “alter Kassenbestand in Goldmark 1,-”.
In den folgenden Jahren setzte sich die Aufwärtsentwicklung des Chores fort. Besuche von Sängerfesten in der näheren Umgebung, Ständchen, Ausflüge und Weihnachtsfeiern bildeten das Jahresprogramm. Beim Preissingen trat man inzwischen erfolgreich in der Stufe “Kunstgesang” auf und konnte viele Ehrenpreise erringen. Dies war nicht zuletzt das Verdienst von Vorstand Julius Scherer und von Hauptlehrer Mayer, der den Verein über 12 Jahre musikalisch leitete. Sie verstanden es immer wieder, dem Chor neue Impulse zu geben.
Einen vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung bildete das Sängerfest mit Fahnenweihe im Jahre 1930. Dass dieses Fest unter Anteilnahme der gesamten Dorfgemeinschaft gefeiert wurde, dokumentiert ein Auszug aus den Eintragungen des Schriftführers Wilhelm Wagner in das Protokollbuch:
“Der Festtag ist angebrochen. Herrlicher Sonnenschein strahlt vom Morgenhimmel hernieder. … In vollem Festschmuck prangte unser kleines Dorf. Keine Mühen und keine Kosten wurden von den Einwohnern gescheut, um den zu erwartenden Gästen unser Dorf im schönsten Festschmuck zu zeigen; und wahrlich es ist gelungen. … Standen doch rechts und links an der Straße Hunderte von Birken . Von Haus zu Haus zogen sich Girlanden und Schnüre mit bunten Fähnchen und Wimpeln, so dass die Straße einem Triumphbogen glich.”
Und nach einer begeisternden Schilderung des gelungenen Ablaufes dieses Festtages mit der Fahnenweihe als Höhepunkt endet der Eintrag mit den Worten: “Der Verein selbst und beinahe die gesamte Einwohnerschaft waren bis zur späten Nachtstunde in fröhlicher Stimmung auf dem Festplatz, wo die Musikkapelle unermüdlich ihre Weisen erklingen ließ.”
Wie auch in späteren Jahren schloss sich an die Festtage ein Kinderfest an, zu dem ein Festzug den Auftakt bildete.
Wie sehr der Verein damals in das Ortsgeschehen einbezogen war, zeigte sich darin, dass kaum ein örtliches Ereignis ohne gesangliche Darbietung denkbar war: Sei es ein Ständchen zur Hochzeit, zur Amtseinführung eines Bürgermeisters oder Lehrers, sei es der Grabgesang, immer wurde der Männerchor um Mitwirkung gebeten. Auch die Gemeinde und die übrigen Vereine traten oft mit Sangeswünschen an den Verein heran.
Daraus hat sich eine umfassende kulturelle Aufgabe für den Verein ergeben, und er stellte sich stets gerne der Allgemeinheit, der Dorfgemeinschaft, zur Verfügung. Diese Tradition hat sich bis in die heutige Zeit fortgesetzt.